Sonntag, August 09, 2009

Wednesday Comics

Ich lese relativ viele US Comics. Aber bisher hat es mich eigentlich nie gereizt Rezensionen zu schreiben, da bis ich die Hefte erhalten und gelesen habe meistens schon ein Monat vergangen ist, seit die amerikanischen Comicleser ihre Meinungen kundgetan haben. Außerdem gibt es normalerweise auch nicht viel interessantes zu schreiben, außer dass die Geschichten lesenswert sind oder eben nicht.

Aber diesesmal ist es anders. Heute morgen habe ich New Avengers #55 von Bendis und Immonen gelesen. Da Marvel Comics seit einiger Zeit eine einleitende "was bisher geschah" Textseite haben, verzichten die Autoren anscheinend bewusst auf jegliche Exposition. So fand ich mich nur inmitten eines Kampfes zwischen den Avengers ("Die Rächer" für Menschen meines Alters) und einer Horde Schurken die von "Hood" angeführt wurden. Das Team der Helden ist anscheinend aus den aktuell populärsten Figuren (Spinne, Wolverine) und ein paar B-Helden (Spiderwoman, Luke Cage, Ms. Marvel und einem Heini, den ich nicht kenne und der auch nicht einmal im ganzen Heft namentlich angesprochen wird) und Captain America (der wie ich hörte eigentlich tot ist) als Anführer zusammengewürfelt. Die Schurken waren so zahlreich, dass ich kaum einen zweimal gesehen haben, geschweige denn Namen zuordnen konnte. Die Geschichte endete, bevor wirklich etwas passiert wäre. Alles in allem fühlte ich mich ziemlich verloren. Keine positive Erfahrung. Das einzige Highlight war, dass die Helden wohl ihre alte Avengers Mansion mit Butler aufgeben mussten, und jetzt bei Captain America zu Hause... äh... hausen.

Aber vergessen wir das. Ich habe meinen Eindruck davon nur beschrieben, weil das wohl relativ typische Superheldenware ist.


Wenden wir uns den Wednesday Comics von DC zu. Das sind 15 übergroße Seiten Comic für den stolzen Preis von 3,99 $. Und wenn ich sage "übergroß", dann meine ich Zeitungsseitengröße. Eine Seite hat also die Fläche von vier normalen Comicseiten. So viel wusste ich, als ich es bestellt habe.

Was mich etwas überraschte als ich die "Hefte" bekommen habe, war die Tatsache, dass es auch auf Zeitungspapier gedruckt ist. Naja, bis in die 80er waren alle US Comics auf solchem Papier gedruckt worden, aber heute erwartet man eben doch mehr. Vor allem bei dem stolzen Preis.

Aber als ich dann die erste Seite aufklappte, waren alle Bedenken wie weggeblasen. Wunderschöne große Comics. Die besten Zeichner, Autoren und "Coloristen". Das Erlebnis von Comics wie sie seinerzeit erfunden wurden - als Zeitungsbeilage. Da jede Geschichte nur eine Seite hat, muss man hier natürlich mit Fortsetzungsgeschichten leben, aber da die Wednesday Comics jede Woche erscheinen, hält sich die Ungeduld in Grenzen.

Für mich werden sie jetzt zu den Sonntagscomics, die ich gemütlich am Sonntag mit einer Tasse Kaffee zelebrieren werde.

Ich war schon immer ein Freund von "Anthologien". Bis in die 80er Jahre gab es bei DC einige Reihen, die seit den 40ern mit wenigen Pausen durchgehend erschienen sind und aus mehreren 8-16 Seiten langen Reihen bestanden. Dann gab es die "DC Explosion", die einigen Titeln plötzlich 100 Seiten und damit auch mehrere Geschichten bescherte. In der folgenden "DC Implosion" wurden viele Titel eingestellt und anderen Reihen als Zweitgeschichte zugeordnet, quasi eine Minianthologie. *seufz* Ich habe diese Zeit geliebt. Gut gemachte Anthologien haben etwas von einer schönen Überraschung.
Wenige Jahre später waren alle Comics mit mehreren Geschichten verschwunden.

Mitte der 80er konkurierten Marvel und DC mit "Flagschiff-"Anthologien, in denen (aus Kostengründen?) viele - um nicht zu sagen: ausschließlich - junge, unerfahrene Künstler ihre ersten Gehversuche machen durften. Die waren aber teilweise so schlecht, dass damit das Thema für Jahre verbrannt war. Denn negative Überraschungen will niemand.

Durch die wirtschaftliche Rezession in den USA wurden nun wieder viele Serien konsolidiert. Diesesmal aber sind es wieder erfahrene Künstler, die die zusätzlichen Seiten erschaffen. D.h. ich bin im siebten Himmel.

Aber wo wird DC mit dem neuen Zeitungsformat hingehen? Kann man Abenteuer Comics in Zeitungen so wieder etablieren? Es wäre wünschenswert, aber Zeitungen kämpfen ja selbst ums Überleben und haben kein Geld für teure Comics. Vielleicht kann DC ja eine vier Seiten starke Superhelden Beilage mit wechselnden Geschichten produzieren. Das sollte sich für beide Seiten rechnen. Als eigenständiges Magazin finde ich es zwar auch sehr gut, aber ich habe Bedenken was den Platz auf dem Lesermarkt angeht. Als Kuriosität ist man entweder eine Sensation oder schnell wieder aus dem Geschäft.